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Psychologie studieren mit Mitte 20
„Soll ich jetzt wirklich noch Psychologie studieren?“; „bin ich nicht schon viel zu alt um jetzt noch mit dem Psychologiestudium zu beginnen?“; „Ist es nicht komisch mit all den Kommiliton*innen, wenn ich so viel älter bin?“
Das sind Gedanken, die Dir vielleicht auch schon durch den Kopf gegangen sind. Und damit bist Du sicherlich nicht allein. Viele junge Erwachsene, Mitte 20 stehen vor dieser Entscheidung. Die einzelnen Lebensgeschichten können sich jedoch unterscheiden. Manch einer hat jahrelang gearbeitet, der andere wiederum strebt das Psychologiestudium als Zweitstudium an. Für manche war es schon immer der Traum Psychologie zu studieren, der sich leider auf Grund von Aufnahmehindernissen nicht verwirklichen ließ. Für andere hingegen hat sich dieser Berufswunsch erst mit der Zeit herauskristallisiert. Doch eine Sache haben alle gemeinsam: Den Traum vom Psychologiestudium. Ob Du wirklich mit Mitte 20 ein Psychologiestudium beginnen solltest, kannst nur Du für Dich selbst beantworten. Doch vielleicht kann Dich dieser Artikel in deiner Entscheidungsfindung unterstützen.
Was dich in diesem Artikel erwartet
- Durchschnittsalter Studienanfänger
- Lernen als lebenslanger Prozess
- Vorteile eines späteren Studieneinstiegs
- Sonderregelung Psychotherapeut
- Social Clock
Durchschnittsalter Studienanfänger
Auf Grund der großen Nachfrage für den Studiengang Psychologie gelten in den deutschsprachigen Ländern Zugangsbeschränkungen für den Bachelorstudiengang Psychologie. In Deutschland wird dies über den Numerus clausus reguliert. Weiterhin wird im deutschen Grundgesetz (Art. 12 Abs. 1 GG) festgelegt, dass Alle Deutsche das Recht haben, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Um dem gerecht zu werden, werden in Deutschland 20% aller Studienplätze anhand der Wartesemester vergeben. Momentan liegt die durchschnittliche Wartezeit in Deutschland bei zwölf Semestern und variiert je nach Studienort zwischen sechs (Universität des Saarlandes- Saarbrücken) und 24 (LMU- München) Semestern. Mehr dazu findest du in unserem Artikel zum NC und der Wartezeit für ein Psychologiestudium. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass 20% aller Psychologiestudienanfänger in Deutschland etwa 24 Jahre oder sogar weitaus älter sind. Du bist also sicherlich nicht allein und wirst auch viele Gleichgesinnte in Deinem Alter im Studium wiederfinden.
In Österreich wird die Zugangsbeschränkung über einen Aufnahmetest reguliert. Für diesen kann man sich unabhängig vom Alter bewerben. Aber auch hier ist der Anteil der Mitte 20- Jährigen nicht zu vernachlässigen. Viele gelangen erst über Umwege zu ihrem lang ersehnten Traumstudium.
Lernen als lebenslanger Prozess
Lernen ist ein lebenslanger Prozess. Dieser beginnt schon mit dem Erblicken der Welt und endet erst mit dem Tod. Ob man sich die Kenntnisse eines Psychologen mit 18, mit 25 oder erst mit 35 aneignet spielt im Gesamtkontext überhaupt keine Rolle. In erster Linie geht es um die Verwirklichung der eigenen angestrebten Lebensgeschichte. Wie sehe ich mich selbst und wie möchte ich mein Leben gestalten? Wir leben in einem Umfeld, in dem jede*r diese Dinge glücklicherweise selbst bestimmen darf und das auch sollte. So kann Lebensglück und Zufriedenheit entstehen.
Vorteile eines späteren Studieneinstiegs
Wenn Du bis jetzt gedacht hast, es sei ein Nachteil mit Mitte 20 Psychologie zu studieren, dann hast Du vielleicht ein paar Punkte noch nicht bedacht. Du bist schon älter und Deine Persönlichkeit hat sich schon festigen können. Du weißt wer Du bist und was Du für Dich und Deine Zukunft möchtest. Im Studium ist es wichtig, Inhalte die gelehrt werden, reflektieren und auch hinterfragen zu können. Dies gilt vor Allem für ein Psychologiestudium. In der Wissenschaft kam es immer wieder zu Fortschritten, wenn Mitglieder der scientific community etablierte Theorien und Erkenntnisse hinterfragt oder sogar in Frage gestellt haben. So etwas benötigt natürlich einiges an Rückgrat und Standfestigkeit. Natürlich ist so eine Haltung auch mit 19 möglich. Mit Mitte 20 tut man sich damit jedoch um einiges leichter. Und vor allem im Prozess der Wissensaneignung kann eine solch gereifte Haltung von großem Nutzen sein. Du wirst die Inhalte des Psychologiestudiums in fortgeschrittenem Alter stellenweise ganz anders aufnehmen und reflektieren können als deine jüngeren Kommiliton*innen.
Viele junge Absolventen der Psychologie, die den Beruf des Psychotherapeuten anstreben, klagen über Schwierigkeiten im Berufsalltag. Der Beruf eines Psychotherapeuten wird immer noch mit einem alten und lebenserfahrenen, weißbärtigen Mann assoziiert. Klient*innen, die von 23-jährigen Psychotherapeut*innen in Ausbildung betreut werden, fühlen sich oft schlecht aufgehoben. Dies ist natürlich nur einem Stereotyp geschuldet. Denn auch diese Klient*innen fühlen sich nach ein paar Sitzungen, sobald das Alterssteerotyp überwunden ist, auch bei jungen Therapeut*innen gut aufgehoben.
Natürlich kann auch ein junger Psychotherapeut sehr gute therapeutische Arbeit leisten. Trotzdem lebt dieser Beruf von einer gewissen Lebenserfahrung. Solltest Du also eine klinische Karriere anstreben, so hast Du mit einem fortgeschrittenen Alter mehr Vor – als Nachteile.
Sonderregelung Psychotherapeut
Du möchtest Psychotherapeut werden? Dann solltest Du wissen, dass keine fünf jährige, sondern mindestens eine acht jährige Ausbildung auf Dich wartet. Der Beruf des Psychotherapeuten ist momentan noch so geregelt, dass eine drei bis fünf jährige Zusatzausbildung nach dem Studium abgeleistet werden muss. Diese Jahre sind nur sehr schlecht vergütet. Die Ausbildung kostet außerdem eine große Summe Geld, so dass man meistens nach drei Jahren Arbeit ohne echten Verdienst die Ausbildung abschließt. Dir sollte also unbedingt bewusst sein, dass in diesem Fall acht Jahre unbezahlte Ausbildung auf Dich zukommen. Das soll Dich natürlich nicht davon abhalten Deinem Traum vom Psychologiestudium nachzugehen. Es sollte Dir aber dennoch bewusst sein, weil das viele Studienanfänger*innen erst im Laufe ihres Studiums mitbekommen.
Es ist aber natürlich auch möglich in der Zwischenzeit durch Nebenjobs etwas dazuzuverdienen. Ob das im Psychologiestudium überhaupt möglich ist und welche Möglichkeiten der Finanzierung es gibt erfährst Du in unserem Artikel zur Finanzierung des Psychologiestudiums.
Auf Grund der Missstände und dem resultierenden Wiederstand aus den Reihen des Psychotherapeuten in Ausbildung wird in Deutschland (Stand Januar 2018) eine neue gesetzliche Regelung diskutiert. Es ist also durchaus möglich, dass sich diese Umstände in Zukunft verbessern werden.
Social Clock
Der Psychologie Bernice Neugarten legte nahe, dass Verhalten mehr durch eine soziale Uhr statt durch eine biologische Uhr kontrolliert wird. „Ich bin zu alt zum studieren“, „ich bin viel zu alt um zu Hause zu wohnen“, „ich bin viel zu jung zum Heiraten“. Kurzum, jede Kultur hat unterschiedliche Zeitpläne für gewisse Lebensereignisse. Menschen vergleichen sich gerne mit anderen. In Hinblick auf ihre Karriere, ihre Beziehungen und vieles mehr.
Heutzutage leben wir in widersprüchlichen Realitäten. Es ist wundervoll, dass unsere Leben nicht einem strikten vordefinierten Plan folgen müssen. Manche heiraten noch einmal mit 60, andere gehen mit 50 noch einmal einem neuen Job nach. Das Leben ist ein Prozess. Trotzdem klammern wir uns an vordefinierte Pläne, die nichts mit uns zu tun haben. Und vielleicht ist genau das, das Problem. Vielleicht gibt es nicht das richtige Alter ein Studium zu beginnen oder zu Heiraten. Vielleicht sollten wir stärker darauf hören, was uns glücklich macht und unseren Träumen und Vorstellungen nachgehen. Vielleicht sollten wir unsere „social clock“ ein wenig flexibler gestalten.